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Gesellschaft & Politik

Wer bei der SVP und FDP hat Chancen auf den nächsten Bundesratssitz?

KEYPIX - Bundespraesidentin Karin Keller-Sutter, sowie die Bundesraete Guy Parmelin, Ignazio Cassis, Albert Roesti, Elisabeth Baume-Schneider, Beat Jans, der neugewaehlte Martin Pfister und Bundeskanz ...
Der Bundesrat in neuer Zusammensetzung.Bild: keystone

Jetzt starten die Rechenspiele für die nächsten freien Bundesratssitze – wer hat Chancen?

Mit dem Einzug des Zuger Mitte-Politikers in den Bundesrat beginnen die Rechenspiele für die nächsten freien Regierungssitze. Bei der SVP steht die Nachfolge von Guy Parmelin im Fokus. Offen ist die Ausgangslage, sollte FDP-Aussenminister Ignazio Cassis zurücktreten.
14.03.2025, 10:0414.03.2025, 15:12
Christoph Bernet / ch media
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Nach der Wahl ist vor der Wahl. Mit dem Einzug von Martin Pfister in den Bundesrat richtet sich der Fokus bereits auf die nächsten Vakanzen in der Landesregierung.

Die Wahl Pfisters hat die Wettquoten von Politikerinnen und Politikern, denen Bundesratsambitionen nachgesagt werden, aufgemischt. Die Chancen auf einen Einzug in die Landesregierung sind für die einen deutlich gestiegen. Andere sehen ihre Karrierepläne vor dem Aus.

Beim Sesselrücken im Bundesrat stehen zwei Namen im Fokus: Guy Parmelin (SVP) und Ignazio Cassis (FDP), die beiden Amtsältesten im Gremium.

SVP-Sitz dürfte in die Deutschschweiz wandern

Bei Wirtschaftsminister Guy Parmelin wird ein Rücktritt per Ende Legislatur erwartet. In diesem Falle würde sein Sitz bei den Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats im Dezember 2027 neu besetzt, kurz nachdem die Bevölkerung National- und Ständerat neu gewählt hat. Der Anspruch der SVP auf zwei Sitze ist unbestritten.

Unwahrscheinlich, aber nicht auszuschliessen ist, dass Parmelin bereits nach seinem Präsidialjahr 2026 zurücktritt. Es würde der SVP zu Beginn des Wahljahrs 2027 ein Schaulaufen mit ihrem Kandidatenkarussell ermöglichen.

Die lateinische Schweiz ist mit aktuell drei Bundesratssitzen tendenziell übervertreten, die Deutschschweiz mit vier Sitzen eher untervertreten. Die SVP dürfte bei der Nachfolge von Parmelins Sitz auf Kandidaturen aus der Deutschschweiz setzen, wo sie deutlich stärker ist als in der Romandie.

Für Aeschi wird es schwierig

Zu den SVP-Papabili gehört Thomas Aeschi, Nationalrat und Fraktionspräsident aus Zug. Seine Wahlchancen für den Bundesrat dürften mit dem Einzug des Zugers Martin Pfister in die Landesregierung gesunken sein.

Die SVP-Fraktion hatte sich grossmehrheitlich für die Wahl von Markus Ritter ausgesprochen. Als Zuger freue er sich dennoch über Pfisters Erfolg, dessen «offene und zugängliche Art» er schätze, sagt Aeschi.

Thomas Aeschi, SVP-ZG, spricht im Nationalrat, waehrend der Wintersession der Eidgenoessischen Raete, am Donnerstag, 19. Dezember 2024 in Bern. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)
Thomas Aeschi (SVP). Bild: keystone

Zu seinen eigenen Bundesratsambitionen äussert sich Aeschi nicht. Er war von der SVP bereits 2015 als Bundesratskandidat nominiert worden, unterlag jedoch gegen Guy Parmelin. «Diese Frage stellt sich nicht», so Aeschi, denn «sowohl Guy Parmelin als auch Albert Rösti machen eine exzellente Arbeit, und ein Rücktritt steht nicht zur Diskussion.» Bei der letzten SVP-Vakanz nach dem Rücktritt von Ueli Maurer im Herbst 2022 hatte Aeschi nicht kandidiert. Gewählt wurde Albert Rösti.

Esther Friedlis Aktie steigt

Zu den meistgenannten SVP-Bundesratsanwärterinnen gehört die St.Galler Ständerätin Esther Friedli. Sie wäre die erste Frau, welche für die SVP im Bundesrat sitzt – wenn man die gegen den Willen der Partei gewählte und später aus der SVP ausgeschlossene Eveline Widmer-Schlumpf nicht dazuzählt.

Im Rennen um die Nachfolge von Viola Amherd unterstützte Esther Friedli den unterlegenen Bauernverbandspräsidenten Markus Ritter, Mitte-Nationalrat aus ihrem Wohnkanton.

Esther Friedli, SVP-SG, diskutiert mit einem Ratskollegen, an der Fruehjahrssession der Eidgenoessischen Raete, am Montag, 3. Maerz 2025 im Staenderat in Bern. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)
Die St.Galler SVP-Ständerätin Esther Friedli will sich nicht zu ihren Plänen äussern.Bild: keystone

Mit dem Sieg des Zugers Martin Pfister sind Friedlis eigene Chancen auf eine Wahl in den Bundesrat gestiegen. Wären mit Karin Keller-Sutter (FDP) und Markus Ritter bereits zwei St.Galler in der Landesregierung gesessen, wäre eine Wahl Friedlis für das Parlament wohl ausser Betracht gefallen.

Auch Friedli äussert sich nicht zu ihren Ambitionen. «Aus meiner Sicht ist zu nächsten Bundesratsvakanzen im Moment nichts zu sagen. Mir ist kein nächster Bundesratsrücktritt bekannt», teilt sie am Donnerstag mit.

Bei Cassis-Rücktritt wird es spannend

Aussenminister Ignazio Cassis (FDP) ist seit November 2017 im Amt. Auch wenn er noch keine klaren Signale gesendet hat, geht man in Bundesbern von einem Rücktritt spätestens per Legislaturende aus. Parteiintern dürfte dann eine Kandidatur aus der Romandie im Vordergrund stehen.

Doch der Anspruch der FDP auf einen zweiten Sitz ist infrage gestellt – und hängt auch vom Ausgang der Wahlen 2027 ab. 2023 lag der Freisinn als drittstärkste Kraft nur gerade noch 0,19 Prozentpunkte Wähleranteil vor der Mitte. Die FDP stellt aber nur die viertgrösste Fraktion in der Bundesversammlung.

Der «Viererblock» aus FDP und SVP im Bundesrat ist nicht nur der Linken ein Dorn im Auge. Die Grünen haben ihren Anspruch auf einen Bundesratssitz mehrfach bekräftigt. Auch die GLP hat sich den Einzug in die Landesregierung zumindest mittelfristig zum Ziel gesetzt.

Die Mitte verzichtete bei den letzten Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats zwar darauf, die amtierenden FDP-Bundesratsmitglieder anzugreifen. Bei einer nächsten Vakanz dürfte das anders aussehen. Vor der Bundesratswahl am Mittwoch erklärte Mitte-Fraktionschef Philipp Mathias Bregy (VS) vor der Bundesversammlung vielsagend, seine Partei habe Anspruch auf «mindestens einen Bundesratssitz».

Der FDP-SVP-Viererblock als Koalitionsregierung

Am Tag danach wollen sich die Fraktionschefinnen Corina Gredig (GLP/ZH) und Samira Marti (SP/BL) in der Wandelhalle nicht zu allfälligen strategischen Diskussionen über die nächsten Bundesratsvakanzen äussern.

Die Co-Praesidentin der SP-Fraktion Samira Marti, SP-BL, ergreift das Wort, waehrend den Gesamterneuerungswahlen des Bundesrates durch die Vereinigte Bundesversammlung, am Mittwoch, 13. Dezember 2023  ...
SP-Co-Fraktionschefin Samira Marti.Bild: keystone

Dass sich aus ihrer Sicht an der Zusammensetzung etwas ändern muss, wird im Gespräch jedoch klar. Corina Gredig sagt: «Der Kern der Konkordanz wird schon länger verletzt. Und dieser Bundesrat macht schlechte Regierungsarbeit.»

Samira Marti, Co-Präsidentin der SP-Fraktion, sagt: «Das rechtsbürgerliche Lager ist im Bundesrat übervertreten, und je stärker sich die FDP der SVP annähert, desto stärker fällt diese Übervertretung ins Gewicht.» Der Bundesrat politisiere immer stärker an der Bevölkerung vorbei und scheitere deshalb bei Volksabstimmungen in zentralen Dossiers immer häufiger.

Corina Gredig, Fraktionspraesidentin, spricht anlaesslich der Delegiertenversammlung der Gruenliberalen Partei Schweiz (GLP) vom Samstag, 19. Oktober 2024 in Rueschlikon. (KEYSTONE/Christian Beutler)
GLP-Fraktionschefin Corina Gredig.Bild: keystone

Stossend ist für Samira Marti auch, wie die vier Vertreter von SVP und FDP ihre Macht im Bundesrat ausspielten. In der SRF-«Rundschau» vom Mittwochabend sprach SVP-Nationalrat Mauro Tuena (ZH) von einem «Vierergremium», das hervorragend zusammenarbeite. «Das war überraschend ehrlich – und entlarvend», sagt Marti.

GLP-Fraktionschefin Gredig sagt: «Die rechtsbürgerliche Mehrheit im Bundesrat verhält sich wie eine Koalitionsregierung. Das ist ein Bruch mit dem Konkordanzsystem.»

Sie sieht Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter (FDP), die als starke Figur der Regierung gilt, in der Verantwortung. Als Bundespräsidentin soll sie keine Machtspiele betreiben, sondern eine einigende Rolle einnehmen: «Sie muss den Konsens und den Konkordanzgedanken im Bundesrat wiederherstellen.» (aargauerzeitung.ch/nib)

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quelle: keystone / peter klaunzer
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88 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Rethinking
14.03.2025 11:26registriert Oktober 2018
Ideal wäre:

2 SVP
1 FDP
1 Mitte
1 GLP
2 SP
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Eckhardt
14.03.2025 12:21registriert Juni 2024
Es ist doch erschütternd, wie das nun wieder läuft: Wir brauchen keine Gesinnungs-Leute im Bundesrat, sondern fachlich&beruflich kompetente und führungserfahrene Personen. Zu Esther Friedli nun: Was würde sie zu einer top-qualifizierten Kandidatin machen (ausser Partei-Zugehörigkeit, geografische Herkunft und Geschlecht)? Nichts! Sie ist zwar im Parlament und verheiratet mit einem ehem. Parteipräsidenten. Nun leitet sie 1 Restaurant. Aber sonst Erfahrung in der Führung eines grossen Departements? Strategie, Visionen, Auslandserfahrung? Nichts! Wir brauchen Exzellenz und kein Gärtchendenken.
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MeinSenf
14.03.2025 13:00registriert April 2016
Und immer frage ich mich, wie es diese Friedli schafft, als Vorzeigekandidatin gehandelt zu werden. Schon beim Ständeratwahlausgang habe ich mir die Augen gerieben. Bei diesem CV und dürftigen Leistungsausweis gibt sogar in der SVP qualifiziertere Köpfe als sie. Wie kommt man auf die Idee, sie zu wählen?
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